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Johnnys Jihad |
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Die großen Fragen im FFT |
Freiheit, Verrat,Gott und Amerika - auf der Basis eines realen Falls diskutiert "Johnnys Jihad" die ganz großen Fragen. In den FFT-Kammerspielen inszeniert nun das Theater der Klänge das Schauspiel von Marc Pommerening. Es spielt 2001 in Afghanistan. Der zum Islam konvertierte Amerikaner John wird gefangen genommen und für einen amerikafeindlichen Jihadisten gehalten. In einer halbkünstlichen Sprache verdichtet Pommerening die existenziellen Themen, ohne interessante Menschen zu gestalten. Nur Johnny hat eine menschliche Geschichte, der General, ein wahrer Wendehals, bleibt undurchsichtig, und der Agent ist bloß so da. Sandfarben wird die teppichbelegte Bühne beleuchtet. Der Wechsel zwischen Blankversrhythmus und Alltags-"Scheiße" im Textverfremdet die Sache etwas; leider agieren die drei kriegerisch kostümierten Männer pseudorealistisch wie im schlechten Fernsehen. Wimmern und Brüllen. Der Akzent des afghanischen Generals Peter Princz ist lächerlich; Andreas Furcht als John kitzelt sein falsches Islamistenlanghaar. Passabel ist Kai Bettermanns Agent.Prima klingt die Musik Debasish Bhattacharjee am Bühnenrand trommelt zwischen und mit den Dialogen auf Tablas seine Rhythmen. Doch verhindern sie nicht, dass einen "Johnnys Jihad"kaltlässt. |
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Melanie Suchy |
Rheinische Post |
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Der Taliban aus Kalifornien |
Wild wuchern nicht nur Bart und Haare um Johnnys Milchbubengesicht - noch wilder wuchern seine Hasstiraden aus die westliche Welt. Warum ? John Walker Lindb, der Sohn einer amerikanischen Mittelklassefamilie hat sich dem Kampf gegen das " Imperium" verschrieben. Der ehemals fleißige Schüler aus einer kalifornischen Vorstadt ließ sich durch eine Autobiographie von Malcolm X zu seinem persönlichen Heiligen Krieg verführen, lernt Arabisch und den Koran auswendig. Er trat zum Islam über, ging als Süleyman zur Ausbildung zuerst in den Jemen, später nach Afghanistan, zum Kampf gegen die Soldaten der Nordallianz. Aufgegriffen wurde er 2001 von den Truppen des Generals Dostum, der ihn foltern ließ.
Und dann kommt Special Agent Tyson
An diesem Punkt setzt das dokumentarische Stück !Johnnys Jihad" vom Marc Pommerening ein, das derzeit das Theater der Klänge in den Düsseldorfer Kammerspielen auffährt. Doch es ist kein modernes Drama, es sind eher für die Bühne zugeschnittene Dialoge, eine pointenheischende Zitaten-Sammlung in der der verblendete Johnny, Special Agent Tyson und der pakistanische General Dostum über die Grenzen unserer Werte reden, über Genfer Konvention und nebulöse Freiheitsbegriffe. Auf drei Figuren verdichtet zumindest Jörg U. Lensing den Text in Blankversen aus der Feder des 38-jährigen Autors Pommerening der bereits 2004 beim Kunstfest Weimar uraufgeführt wurde. Es ist eine an sich Spannenden Story, die um die Frage kreist: Darf eine westliche Demokratie die eigenen Gesetzte brechen, alos foltern, um sich gegen die Feinde zu wehren, die bewusst und rabiat gegen Menschenrechte verstoßen? Doch der Schlagabtausch zwischen dem breitbeinigen Agent Tyson ( Kai Bettermann) in Springerstiefeln und Baseball-Kappe und dem religiösen Fanatiker John ( Andreas Frucht) wirkt künstlich hochgeschraubt. Er verliert sich,auch in der Konfrontation mit dem blutrünstigen Dostum mit Turban ( Peter Princz), in Propaganda-Klischees von Gut und Böse. Aufgesetzt auch der Schluss-Gag. Nicht die CIA foltert, sondern der Fernsehsender CNN vermarktet den gefangenen amerikanischen Taliban.
Traktierte Tablas
Doch der Text allein reicht der Düsseldorfer Freien Gruppe nicht. Jörg Lensing "Theater der Klänge". das vor 20 Jahren mal mit originellen Mischformen aus Tanz. Theater und Musik für Furore sorgte, traut dem Stück nicht genügend theatralische Kraft zu. Die Gespräche - ob gewalttätig oder zurückhaltend - werden daher untermalt von einer Percussion- Performance. 90 Minuten, so lange dauert Johnnys Jihad ,traktiert ein orientalischer Musiker Tablas. Er sitzt am Rande der mit grauen Stehwänden und Orient-Teppichen dekorierten Bühne und sucht mit indischen Handtrommeln für jede Person und jede Stimmung einen anderen Rhythmus. Anfangs sorgt das für Abwechslung, in zugespitzten Dialogen lenken sie aber ab von den psychischen Konflikten zwischen Gotteskrieger und Gutmensch-Militär und stören. Lensings Inszenierung bietet nicht mehr als naturealistische platte Theater-Effekt der 80er Jahre. So reißt Johnny permanent die Augen auf, die Knie schlottern, Dostum sorgt durch starken Orient-Akzent für unfreiwillige Komik und Tyson gibt sich arrogant, nur scheinbar selbstsicher, im innern harmlos, wie ein Militäragent aus der Mottenkiste |
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Michael Georg Müller |
NRZ |
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