HOEReographien
 
Das Theater zeigt Stücke im Kontext des Bauhauses
Ein Tanz- und Musiktheaterabend im Kontext der Ausstellung zum 100. Geburtstag des Bauhaus- schaffenden Fritz Winter findet am Sonntag, 23. Oktober, ab 19 Uhr im Gustav-Lübcke-Museum statt. Im ersten Teil des Abends zeigt das Düsseldorfer "Theater der Klänge" das "mechanische Ballett", das mit den rekonstruierten Figurinen des Bauhäuslers Kurt Schmidt aus dem Jahr 1923 im Jahr 1987 neu choreografiert und vertont wurde.
Der zweite Teil des Abends ist dann ein Sprung in die Elektronik und moderne Bühnensensorik. Im Tanzstück "HOEReographien" steuern Tänzer durch ihre Bewegungen direkt Musik, ohne ein Instrument spielen zu müssen. Durch Sensoren und eine ausgeklügelte Elektronik wird die Bühne selbst zum Instrument. Dies alles in einem Bühnenbild, in dem die live gefilmten Tänzerinnen gleichzeitig zu Objekten von Videokunst werden und somit zusätzlich sich selbst als Videobild zum Tanzpartner haben.
Das "Theater der Klänge", das sich seit 18 Jahren immer wieder mit der Bauhausbühne der 1920er Jahre beschäftigt, spannt somit den Bogen vom klassischen "mechanischen" Bühnenansatz des Bauhauses hin zu den heutigen digital-elektronischen Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

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WA
Westfälischen Anzeiger
 
 
Vier Tänzerinnen unter Strom
Das Düsseldorfer "Theater der Klänge" hat im FFT Juta seine neueste Produktion vorgestellt und im Zuge dessen das Premierenpublikum knapp 70 Minuten ohne Worte im Wahlfach "HOEReographie" unterrichtet. Dieses findet sich zwar nicht einmal auf den kunterbunten Lehrplänen der Rudolf-Steiner – oder Montessori-Schulen, dient aber gleichwohl wie man sah und hörte- dem kreativen Umgang mit abstrakten Inhalten. Und zwar der puritanischen Ästhetik des Bauhausstils mit seiner Vorliebe für kubische Formen und den Einsatz der Primärfarben rot, blau und grün.
Unter der Projektleitung Jörg Udo Lensings kreierten Jacqueline Fischer (Choreographie), Thomas Neuhaus (Musik/Ton/Video), ChristianSchroeder (Licht) und Caterina di Fiore (Kostüme) ein Gesammtkunstwerk in interaktikver Bühnenumgebung, die vier Tänzerinnen zu Auslösern und Reglern des gesamten audiovisuellen Geschehens werden lässt; womit ein weiterer zentraler Aspekt des Bauhaus- Theaters aufgegriffen wird: die Verbindung von Kunst und Technik.
Reflektiert doch diese Konstruktion die Grundprinzipien der Stromerzeugung, indem man sich die vier Tänzerinnen nur als die bewegten Magnete in der sie umgebenden Spule aus Bewegungsmeldern und Videoüberwachung vorzustellen braucht. Der Tanz, seine Dynamik und Intensität, erzeugt hier also eine Spannung sowohl innerhalb der akustisch-optischen Sphären als auch zwischen ihnen.
In vierzehn abwechslungsreichen Stationen werden einem – mit zunehmender Dicht- die Möglichkeiten solcher ertanzter Klang und Bilderwelten vorgeführt, wobei die raffinierten Licht- und Videoeffekte tendenziell elektrisierender wirken als der mitunter eher schwache Strom der elektronischen Musik."

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Peter Reichelt
Rheinische Post
 
 
Tänzerinnen steuern die Intensität
Am linken Bühnenrand ein Tisch mit zwei Computern, dahinter die Operateure für die Geräte. An der Rampe drei Videokameras, an der Bühnenhinterwand eine große Projektionsfläche. Und dann hängt da noch an der Decke eine Kamera, die Bewegungen als Lichtveränderungen registriert, woraus die Rechner Steuersignale für Musik und Video formen. Der technische Aufwand für diesen ansonsten nackten Bühnenraum ist groß, das Theater der Klänge hat ihn für seine neue Produktion "HOEReographien" unter der Projektleitung von Jörg U, Lensing geschaffen. Jetzt war die Uraufführung im FFT Juta.
Ein "Tanzkonzert als audiovisuelles Gesamtkunstwerk" wollen diese "HOEReographien" sein, der Programmzettel weist eine 14-teilige "Konzertabfolge" auf. Das musikalische Material (Thomas Neuhaus) ist vorproduziert, aber wie und mit welcher Intensität es erklingt, das steuern die vier Tänzerinnen. Sicht- und hörbar hängen Bewegungen und Dynamik der Musik zusammen, Tempo und Lautstärke stehen in direktem Zusammenhang mit der Schnelligkeit oder Heftigkeit etwa eines Armschwungs.
Das Bewegungen (Choreographie: Jacqueline Fischer) sind eher konventionell. Der Tanz ist überwiegend abstrakt, manchmal aber auch naiv konkret. Es gibt etwa eine kleine Charleston-Einlage, und bei einem Solo darf eine Tänzerin lasziv ihr Haar schwingen und kecke Blicke ins Publikum werfen. Der analoge Charakter von Bewegung und Musik verliert jedoch irgendwann seinen Reiz. Dafür gewinnen die "HOEReographien" durch die Videoprojektionen, denn hier wird das Bühnengeschehen vielfältig variiert (Video: Lucy Lungley).
Da splittet sich das Bild in unendliche viele Einzelbilder auf, oder das Ausgangsbild wird horizontal und vertikal gespiegelt. Farb- und Strukturverfremdungen sorgen für zusätzliche Effekte, die "HOEReographien" haben für alle, die an der Integration von Bühnengeschehen und Video interessiert sind, einen üppigen Katalog an Möglichkeiten zu bieten. Formal reich ist diese an die Bauhaustradition anknüpfende Auseinandersetzung mit den grundlegenden Bühnenelementen also schon, doch wird hier vielleicht ein wenig zu viel Aufwand als Selbstzweck betrieben.

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Klaus M. Schmidt
Westdeutsche Zeitung
 
 
Mit den Augen kann man hören
60 Minuten lang greifbare Konzentration. 60 Minuten lang gebannte Stille im Publikum. 60 Minuten lang eigenwillige Tanz-Performance mit dem Theater der Klänge. Und nach der Uraufführung der "HOERographien" eine überdenkbare Sinneserfahrung mehr. Mit den Augen kann man hören, mit den Ohren kann man sehen.
In Kooperation mit der Folkwangschule in Essen und der Dortmunder FH hat das Ensemble um Jörg Lensing einen Bühnenraum voller technischer Finessen entwickelt, in dem die Tänzer durch ihre Bewegungen Klang und Videobild erzeugen. Dass die Bühne es in sich hat, bleibt den Zuschauern im FFT-Juta verborgen. Mittels Sensoren, Luft- und Bodenmikrofonen sowie einer Videokamera werden die Impulse der Darsteller in einen Apple G4-Rechner geleitet - und dort mittels entsprechender Software in Klangtexturen umgesetzt.
Klugerweise beginnen die vier Tänzerinnen beim ersten Stück "Kanon scherzo affetuoso" mit nahezu konventioneller Optik. Die Damen tragen ein für Orchestermusikerinnen so typisches "Kleines Schwarzes", jeder kann ganz eindeutig der Klang eines Streichinstruments zugeordnet werden. So reduziert, wird die kompliziert anmutende Idee der Macher leicht begreiflich. Es vermittelt sich schnell, dass; der Standpunkt der Darsteller eine Rolle spielt, ihre Bewegungen die Klänge auslösen.
Schritt für Schritt zieht das Ensemble die Zuschauer in die Idee des Stücks hinein. Setzt nach und nach auf mehr Effekte, jederzeit bereit, auch wieder einen Schritt zurückzugehen. Dem Publikum bleibt so, pädagogisch einfühlsam, die Freude des Wiedererkennens just Verstandenem. Waren anfangs auf der Leinwand im Hintergrund nur schwarz-weiße Schattenspiele zu sehen, mutieren die Bewegungsabläufe zu kaleidoskopartigen Mustern und Videoskulpturen. Die Musik wird deutlich fragmentarischer, elektronischer.
Chefdenker Lensing will mit dieser Arbeit die Abhängigkeit des Tänzers von der Musik in Frage stellen und lässt Jenny Ecke, Jelena Ivanovic, Caitlin Smith und Hana Zanin durch ihre Bewegungsabläufe zu Komponistinnen werden.

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Pamela Broszat
NRZ
 
 
Bewegung macht Musik
Was ist wohl ein Tanzkonzert? Ein Abend, beidem Musiker konzertieren und sich zu deren Live-Musik Tänzer bewegen? So könnte es sein, aber so würde es sich von einem normalen Tanz- oder Ballettabend wenig unterscheiden. Im Juta- Theater sind bei "Hoereographien" vom "Theater der Klänge" zwar vier Tänzerinnen in unterschiedlichen Formationen zu sehen, aber keine Musiker . Zugegeben: Es ist kompliziert zu erklären, was sich die Truppe um Jörg U. Lensing und sein Langzeitprojekt ausgedacht haben.
Längst bezeichnet sich das Theater der Klänge als "Integratives multimediales Theater" und braucht für den an der Idee des Gesamtkunstwerks angelehnten Abend jede Menge Hightech. Drei Videokameras plus Beamer sind neben der Beleuchtung im Einsatz, eigens entwickelte Software verarbeitet die Impulse, die von Ton- und Bildsensoren auf der Bühne durch die Tänzerinnen ausgelöst werden.
Das Konzert - oder sagen wir besser, der psychedelisch blubbernde, wurmmernde und wimmernde Sound- Teppich - entsteht live durch das, was auf der Bühne passiert. Es ist also genau anders herum wie sonst: der Tanz gestaltet nicht eine vorgegebene Musik, sondern die Bewegung selbst macht die Musik, wird zu Musik.
Das oft zeitverzögerte Feedback entsteht nicht nur akustisch, sondern auch optisch. Eine Videoleinwand verdoppelt und spiegelt den Tanz, lässt ihn zu farbigen Skulpturen gerinnen oder filettiert das Bild in viele kleine Prismen. Auch wenn die abgezirkelten Bewegungen wie strengste Choreografie wirken, liegt die Regie des Abends beim Zufall. Dass die Technik sich im Verlauf
des konzentrierten Abends mehr und mehr in den Vordergrund schiebt und man das Ächzen der Rechnerleistungen und die Virtuosität am Mischpult irgendwann mehr bewundert als den Schweiß auf der Bühne, ist ein wohl ungewollter Nebeneffekt. Nach knapp siebzig Minuten sind jedoch sowohl die Kombinationsmöglichkeiten der vier Tänzerinnen als auch die Feedback-Schleifen erschöpft.

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Regine Müller
Rheinische Post
 
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