Figur und Klang im Raum
eine polyphone szenische Bühnenkomposition
Ausgehend von den systematischen Bühnen-Versuchen Oskar Schlemmers in den
zwanziger Jahren am Bauhaus, ging das Theater der Klänge mit "Figur
und Klang im Raum" ein Theater-Forschungsprojekt an, welches sich mit den
"Bühnengesetzen" von Darstellung, Raum und Klang beschäftigt.
Oskar Schlemmer hat sich am Dessauer Bauhaus insbesondere in den Jahren von
1925 bis 1928 systematisch mit einer "Grammatik der formalen Bühnenelemente"
beschäftigt, welche in mehrere "kleine Bauhaus-Tänze" mündeten.
Obwohl es zu den meisten Stücken Schlemmers eine Musik gab, wurde seinerzeit
jedoch auf eine systematische Erforschung der Gesetze von Klang im (Theater-)
Raum verzichtet, da sich kein kooperierender Komponist fand und Schlemmer selbst
weder Komponist, noch Sprachregisseur war.
Das Theater der Klänge beschäftigte sich zunächst mit Oskar Schlemmers
Theorie von "Mensch und Figur im Raum" und eignete sich die Ergebnisse
seiner diesbezüglichen Theaterversuche zum Teil praktisch an. Parallel
dazu wurde eine prototypische elektronische Installation von Mikrophonen, Lichtschranken
und Ultraschallsensoren, die der Komponist Thomas Neuhaus für das Theater
der Klänge entworfen hatte, in den Probenprozeß integriert. Diese
Installation ermöglicht eine direkte Steuerung von elektronischer Musik
und Licht durch das akustische und bewegte Geschehen auf der Bühne, also
durch die Darsteller selbst.
Ziel dieser Forschungsarbeit war eine polyphone, szenische Bühnenkomposition,
welche das Thema "Figur, Klang und Bewegung im Raum" reflektiert und
zur Darstellung bringt.
Hintergrund dieser Arbeit war zum einen die im Ensemble empfundene Notwendigkeit,
die Arbeit Oskar Schlemmers nicht als Historikum stehen zu lassen, sondern systematisch
weiterzutreiben, zum anderen aber einen eigenen zeitspezifischen Umgang mit
Theater zu finden, der sich in der Tradition der Bauhaus-Bühnenarbeiten
versteht.
"Polyphone, szenische Bühnenkomposition" meint dabei die zeitliche
Gestaltung mehrschichtiger Abläufe im Theaterraum. Die verschiedensten
Theaterelemente wie Licht, Klang, Bewegung, Farbe, Gestik und Mimik werden als
Einzelparameter verstanden und werden so aufeinander bezogen komponiert, daß
erst die Summe der Parameter das Theaterereignis in der Zeit schafft.
Das Stück entstand in Koproduktion mit dem Bauhaus Dessau. Es erwies sich,
insbesondere durch den damals vergleichsweise hohen technischen Aufwand, als
sehr schwerfällig in der Probenrealisation, weswegen das Theater der Klänge
diesen Weg nach 1993 zunächst für 7 Jahre nicht fortsetzte, sondern
sich wieder "traditionelleren" Theatermitteln zuwandte. Nicht desto
trotz erlebte "Figur und Klang im Raum" insgesamt 32 Aufführungen
in 8 Städten im In- und Ausland und war in einer überarbeiteten Fassung
zusammen mit dem "mechanischen Ballett" von 1994 bis 1998 Bestandteil
des Doppelprogramms "Tanz am Bauhaus", welches ebenfalls Gastspiele
in Belgien, Frankreich und Israel im Jahr erlebte.
Im Jahr 2000 mündeten Überlegungen zur Wiederaufnahme von "Figur
und Klang im Raum" in ein 3-Personen-Stück namens "Manifest",
welches über 5 Entwicklungsjahre hinweg über die Produktionen "Megalopolis"
und "Modul|a|t|o|r" zum interaktiv, intermedialen Forschungsprojekt
"PCI - HOEReographien im Jahr 2005 mündete. Der entwickelte Ansatz
wurde über die HOEReographien SUITE (2009) zur SUITE intermediale (2010)
weiterentwickelt und war zuletzt partiell Bestandteil von szenischer Interaktion
in der Produktion "VANITAS" (2012)