Presse
 
Von wilden Kindern gepeitsche Kreisel
Unter Trommelfeuer und frechem Geschrei, mit wirbelnden Bewegungen und zügellosen Gebärden, in farbenprächtigen Kostümen und atemberaubenden Tempo ziehen sie ein. Mit gewohnter Wildheit und bekanntem Feinsinn präsentiert das Theater der Klänge erneut ein fulminantes, phantasievolles Spektakel: die über 2400 Jahre alle komische Tragödie "Die Vögel"
Es ist ein Traum seit Menschengedenken: Die Suche nach einer gerechten Gesellschaft, nach einer Welt, die nach anderen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Und so verlassen auch die beiden Aussteiger Evelpides (der Hoffnungsvolle} und Pisthetairos (der Überzeugende) Athen und ziehen in das unbegrenzte Land zwischen der Erde und der Welt der Götter. Über 2400 Jahre alt ist diese Komödie vonAristophanes um die beiden Aussteiger, die einen Platz fern von jener politischen Ordnung suchen, "die Dremokratie und Recht nur den Reichen gewährt". Evelpides und Pisthetairos werden in der paradiesischen Welt der Vögel aufgenommen und zu Ihresgleichen gemacht. Hier werden sie zu Architekten einer neuen, vorbildlichen Gesellschaft, einem Land, das "auch den flatterhaften und lockeren Vögeln, ja selbst den Vogel-Freien und Pleitegeiern Platz gewähren soll". Sie überzeugen die Vögel davon, daß diese die Macht haben, über die Menschen zu herrschen und selbst den Göttern trotzen."Bebaut euren Bereich und umzieht ihn mit Grenzen, so wird euer Bereich zum Reich." Als Zeichen ihres neuen Anspruchs errichten die Vögel eine von einer Mauer umgebene Luftstadt zwischen der Götter- und der Menschenwelt. Doch die Macht hat ihren Preis, Denn mit Pisthetairos haben sich die die Vögel einen unumschränkten Herrscher eingehandelt, der selbst den Göttern den Krieg erklärt, Mit dem Stück "Die Vögel" hat Aristophanes schon vor 2400 Jahren nicht nur konkrete Gesellschaftskritik an den Zuständen im alten Athen geübt, sondern vor allem auch am menschlichen Umgang mit der Macht.
Das Düsseldorfer "Theater der Klänge" versteht sich auf die Inszenierung alter Stoffe. So erforschte die Truppe etwa das Maskenspiel der Commeclia dell"Arte mit dem beachtlichen Resultat der "Barocken Maskenbühne", Und im vergangenen Jahr zog das Theater mit dem mittelalterlichen Stück "Ludus Danielis" in der Marktkirche ein. Jetzt, im bereits neunten Jahr seiner Existenz, zeigt das "Theater der Klänge"das politische und noch immer zeitgenössische Stück Aristrophanes in einer neu inszenierten Mischung aus Maskenspiel, Tanzchor und eigens für das Stück komponierten Bühnenmusik. Bei aller politischen Aktualität, bei allem Ernst des Themas - die Inszenierung unterstreicht den Witz dieser komischen Tragödie, offenbart wieder die humorvolle Seite. Auf eine vordergründige Aktualisierung des Stücks verzichtet die Truppe bewußt gänzlich, Damit bewegt sich das "Theater der Klänge" in dem Genre, auf das es sich in allen Feinheiten versteht, in dem es sich, so Jörg Lensing, Kopf der Truppe, am wohlsten fühlt.
Das 2400 Jahre alte Stück scheint dem Ensemble auf den Leib geschnitten. Nicht zuletzt deshalb, da sich die Vogelschar zur feinsinnigen Toninterpretation anbietet. Daß die Interpretation gleichzeitig den Schauspielern in Gestik und Mimik Äußerstes abverlangt, wird dem Zuschauer nur selten bewußt. Insbesondere Kerstin Hörner in der Rolle des Perservogels und Chorführer überzeugt durch treffsicher Mimik, wirbelnde Bewegung und differenzierte Gestensprache.
Die Masken und farbenprächtigen Kostüme unterstreichen den kraftvollen Ausdruck der Tänzer, die, so Hugo von Hofmannsthal über das Lustspiel, "im Wirbel dieser Welt die Komödie daher immer tanzen, wie von wilden Kindern gepeitschte Kreisel",

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Kathina Siebke
Foyer, Essen
 
 
Die Vögel im neuen Gewand
Das Theater der Klänge,in Düsseldorf beheimatet, hat eine neue Produktion auf die Beine gestellt. Die kreative Truppe hat sich Aristophanes über 2000 Jahre altern Stück "Die Vögel" herangemacht und es für seine spezielle Spielweise bearbeitet. Die Tuppe, die in einer Art Total-Theater, Tanz, Musik und Sprache arbeitet, gehört zu dem Inovativsten und Kreativsten, was die Region zu bieten hat. Das Theater der Klänge ist gern gesehener Gast in anderen Theatern, die keinen festen Spielplan gestalten und in jedem Fall eine Bereicherung der kulturellen Szene. Die Bearbeitung hat Järg U. Lensing vorgenommen, ebensowie che Inszenierung. Dr. Andreas Bossmann hat die Truppe dramaturgisch beraten.Die Choreographie hat Nirupama Nityanandan übernommen. Die phantasievollen Kostüme gestaltete Caterina Di Fiore und für die Bühne sorgte Zarah Ritz-Raman. Aristophanes, der mit den Vögeln ein zeitlloses politisches Märchen schrieb, nahm durchaus Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen im alten Athen. Die Truppe gastiert nun mit dem Stück im Essener Theater Satiricon. Aufführungsdaten sind der 15., 16. und 17. März .Außerdem gibt es noch Gastspiele in Wuppertal und Köln.

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Theater pur
 
 
Abenteuer im Reich der Vögel
Auf nach Ornitopolis! Zwischen Himmel und Erde - im Reich der Vögel, dort suchen zwei Athener ihr Glück. Intrigen und Intriganten? Nein, die haben in der Welt zwischen Göttern und Menschen keinen Platz. Zunächst ! Um Aussteiger, die zu Herrschern werden, geht es in den "Vögeln", der farbenfrohen Komödie von Aristophanes, die das "Theater der Klänge" jetzt auf die Juta-Bühne brachte.
Nicht lange dauert es, bis Pisthetairos und Evelpides genau das tun, wovor sie eigentlich geflohen waren, Die Aussteiger von einst gründen einen Staat, lassen sich von dem treu ergebenen, gefiederten Volk krönen - und rufen zum 'heiligen’ Krieg gegen die Götter auf, Für flatterhafte Geschöpfe oder lockere Vögel haben die neuen Machthaber nur wenig Verständnis. Keine Luftschlösser, sondern eine riesige Mauer bauen sie, um sich vor Fremden zu schützen. Sie flohen aus einer Welt, um eine neue zu beherrschen. Nicht um zeitgeistige, sondern zeitlose Deutung der ‚Weltflucht geht es Jörg Lensing und seiner Truppe bei dieser Burleske, die der altgriechische Autor vor 2.400 Jahren in den "städtischen Dionysien" Athens erstmals aufführte. Waren es vor einem Jahr noch mittelalterliche und biblische Stoffe (im gefeierten "Ludus Danielis"] so verzaubern Lensings Mimen die Zuschauer nun drei $tunden mit archaischen Trommel-Tänzen und geheimnisvollen Maskenspielen: Sie verschmelzen unmerklich und geistreich mit dem Lehrstück über die unendliche Geschichte von der Lust auf Macht. Wer allerdings eine Leidensgeschichte über Täter und Opfer erwartet, ist hier fehl am Platz. Mit gekonnt leichter Hand und komödiantischem Talent führen fünf Frauen und drei Männer (besonders: Clemente Fernandez und Jacqueline Fischer als die beiden Aussteiger) sanft durch einen dreistündigen Abend, der nur selten an Tempo verliert. Und die Sprache? Nein, das Publikum soll sich ‘nicht mit gestrigem Bühnen-Pathos quälen, sondern das von Lensing und Fernandez überarbeitete Original sprüht vor Lebensfreude und Humor, schafft Raum für Fantasie und gleitet nie in platte Derbheit ab. Selbst erotische Witze haben nichts von Peinlichkeit. Doch was wäre das alles ohne die magischen Flöten-Klänge und Percussion (Mathis Hagedorn und Thomas Wansing)? Sie illustrieren nicht, sondern charakterisieren einzelne Geschöpfe – besonders bei den Auftritten des Vogelchores. Die suggestive Kraft der tanzenden Federwesen (allen voran: Kerstin Hörner) erinnert an Welt-Theater und mythologischen Zauber, der sonst nur in Ariane Mnouschkines "Theater der Sonne" in Paris leuchtet. Feder-Kostüme Eins ist sicher: Jörg Lensing hat mit den "Vögeln" einen weiteren Renner produziert. An dem stürmisch bejubelten Erfolg haben besonderen Anteil: die flirrenden Feder-Kostüme von Caterina Di Fiore und die asiatischen Masken von Nathalie Cohen und Erhard Stiefel.

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Michael Georg Müller
Neue Rhein Zeitung
 
 
Das Ende einer Utopie
Selbst die alten Griechen haben einen solchen Chor, wie ihn das "Theater der Klänge" jetzt auf die Bühne brachte, wohl nie gesehen: Den Chor der Vögel in der gleichnamigen Komödie von Aristophanes. In den phantastischen Kostümen von Caterina Di Fiore mischt sich indianischer Federschmuck mit fernöstlichen Gewändern und griechischer Volkskunst.Und auch in den Tänzen ist die Achse Griechenland-Indien nicht zu übersehen. Schon im Mysterienspiel "Ludus Danieli" hat Regisseur Jörg U. Lensing die Stilmischung von abendländischer Kultur mit fernöstlicher Ästhetik gewagt. Das war interessant. A was die Tänzer jetzt als Vogelchor, angeführt vom "Perservogel" Kerstin Hörner und unterstützt von drei Musikern, auf die Bretter des Juta legen, ist mitreißend: Sie wirbeln und tanzen, stampfen und flattern, und erzeugen so die flirrende, hoffnungsvolle Atmosphäre dieses neugegründeten Wolkenkuckucksheims besser, als Worte das je könnten.Die Geschichte stammt aus dem Jahr 411 v. Chr.- und zeigt sich überraschend aktuell: Zwei Athener wandern aus und errichten zusammen mit den Vögeln ein neues Reich in der Luft. Von Anfang an ist ihre Machtgier stärker als ihre Utopie: Die beiden Aussteiger wollen es mit den Göttern aufnehmen und die Welt beherrschen. Jörg U.Lensing hat in seiner Bearbeitung kaum Aktualitäten eingefügt, dennoch zeigen sich Parallelen zu neueren Experimenten der Geschichte: Die Vögel werden zu Arbeitstieren degradiert und müssen eine riesige Mauer bauen.: "Vogel-Vollbeschäftigung", loben die Athener ihre Politik. So folgt denn bald das traurige ‘ Ende der Utopie: Pisthetairos, der "überzeugende"" Athener (Clemente Fernandez) erringt mit alten Mitteln die Herrschaft über die neue Welt: Aufbegehrende Vögel werden zum Tod auf dem Grill verurteilt. Damit können zwar die gefräßigen Götter geködert werden, aber der Vogelchor hat seine Lebensfreude verloren. Traurig schleichen die Tänzer von der Bühne ab. Mit den "Vögeln" ist dem "Theater der Klänge" ein großer Wurf geglückt, - vorausgesetzt, ein paar Stellen, die den Abend unnötig in die Länge: ziehen, werden noch gestrafft Neben den grandiosen Tänzen überzeugen auch, Einzelszenen, wie die grotesken Bemühungen um Verständigung zwischen den Vögeln und den Athenern, was mit Hilfe der Gebärdensprache immer besser gelingt, oder die komisch-vergeblichen Bemühungen des sein: Ritual zu vollenden.

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Eva Pfister
Westdeutsche Zeitung
 
 
Prächtige Kostüme und Augenschmauß
Ein pralles, buntes Spektakel. So soll Theater sein, daß alle Sinne angesprochen werden. Dieser Anspruch wurde eingelöst bei der vom Düsseldorfer Theater der Klänge in Koproduktion mit den Heidelberger Schloßfestspielen herausgebrachten Aufführung der "Vögel, der Phantastischen Komödie nach Aristophanes. Tanz, Musik und Spiel, alles gleichermaßen vital und mitreißend dargeboten, garantierten einen spannenden und amüsanten Abend im Englischen Bau, der ebenso atmosphärischen wie traditionsreichen Spielstätte des sommerlichen Festspielreigens. Hatten hier doch schon vor über 300 Jahren englische Komödianten für theatralischen Frohsinn gesorgt.

Aristophanes, dessen Lebensdaten nicht bekannt sind — er starb um 385 vor Christi Geburt in Athen- , schrieb seine "Vögel" im Jahr 414. Seit dem Tod des Perikles, der das Theater der Zensur unterworfen hatte, konnte sich der Komödienschreiber als Satiriker und kompromißloser Kritiker des demokratischen Staates profilieren. Er nahm alles aufs Korn: die Politik, die Justiz und auch die zeitgenössische Kunst, über deren Entwicklung er sich lustig machte.
Aus dieser Sparte gibt es auch eine Kostprobe in den "Vögeln", die zu den Kabinettstückchen des Abends gehörte; denn die Darsteller, die alle über eine ausgefeilte Körpersprache verfügen, die die tollsten Verrenkungen vollführen und die Kunst der Parodie glänzend beherrschen, die zum Teil mehrere Rollen ausfüllen und als groteske Gestalten lange im Gedächtnis haften werden, haben sich in die Welt des griechischen Dramatikers offensichtlich gut hineingefunden.
Zum Spielwitz kommt der Wortwitz hinzu, allein aus dem ornithologischen Bereich, Das fängt bei der lahmen Ente und der Schnapdrossel an und hört beim Pleitegeier, der Gänsehaut und dem Spatzenhirn noch lange nicht auf. Die Inszenierung von Jörg U. Lensing vorm Theater der Klänge hat Witz und Charme und Tempo. Die Auftritte der Chorvögel beeindruckten durch Drive und unbändige Spielfreude. Ein Augenschmaus sind die farbprächtigen und federreichen Kostüme. Tragen die Protagonisten Pisthetairos und Euelpides (ganz hervorragend: Clemente Fernandez und Jacqueline Fischer), die zwei Aussteiger aus Athen, die bei den Vögeln ein friedliches Wolkenkuckucksheim gegen die Welt der Menschen und der Götter gründen wollen, groteske Masken — wie auch der agile, quirlige Baumläufer (Thusnelda Mercy), der gemessen auftretende Wiedehopf (Kai Bettermann) und alle die anderen sukzessive auftauchenden Gestalten aus der Götter- und Menschenwelt — so sind die Chorvögel, allen voran der ungeheuer flexible Chorführer Yael Elyashiv, so phantasievoll geschminkt, daß dadurch Masken überflüssig werden. Das ganze Ensemble vibrierte vor Tanz und Spiellust. Exzellent sind die Choreographien. Bei den Tänzen, die barfuß ausgeführt wurden, dachte man an afrikanische oder asiatische Anleihen, stellenweise auch an Sirtaki oder das Tam-Tam der Indianer. Es ging multikulturell und stilistisch vielfältig zu. Auch die Truppe kommt aus aller Herren Länder. Da die politischen und sonstigen Anspielungen des Aristophanes auf aktuelle Vorkommnisse seiner Zeit heute kaum mehr nachzuvollziehen sind, wurden neue Illusionen hinzuerfunden. Am Anfang stand ein Kanzler-Wort ("Wichtig ist, was hinten rauskommt").
Mit einem weitgefächerten Instrumentarium wurde der aufregend-exotische Charakter der Schloßspielvorführung zusätzlich unterstrichen. Der vielseitige Jörg U. Lensing, der das Werk des antiken Griechen bearbeitete, inszenierte, auch an der Choreographie maßgeblich beteiligt war und den Prometheus spielte, zeichnete auch mitverantwortlich für die musikalische Konzeption (neben Thomas Neuhaus), und wahre Wunderdinge vollbrachten in nimmermüdem Einsatz der Flötist Mathis Hagedorn, der alle neben Thomas Wansing und Roland Weber, die virtuos mit Percussion, Hackbrett und Psalter, Santouri und Saz die permanent entfesselte Exemplare in fremder Zunge sprachen, Als "Running Gag" erheiterte der vom Vogelpriester (Francesco Russo) mit bewundernswerte Langmut geprobtem zu opfern. Das läßt sich nicht beschreiben. Das muß man erlebt haben.
Der Beifall für diese Wiederaufnahme vom vergangenen Jahr war denn auch entsprechend emphatisch.

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Heide Seele
Rhein Neckar Zeitung
 
 
Auf Luftschlösser gebaut
Weitgespannte Segel, die der kühle Abendwind bläht, ein paar Stufen und ein Eckchen für die Musiker bildeten die einfache, aber wirkungsvolle Szenerie, vor der Aristophanes' in zauberhafte
Fantasie-Kostüme gesteckte "Vögel" flatterten und schnatterten: Die von Jörg Lensing
inszenierte Komödie, opulenter Schlußpunkt der Heidelberger Schloßfestspiele, wurde vom Düsseldorfer ‚Theater der Klänge" als rasanter Schlagabtausch dargeboten. Das 2400 Jahre alte Stück hat nichts von seinem entlarvenden Witz und seiner scharfen Kritik verloren. Die "Vögel" bauen sich — mit Hilfe zweier Aussteiger, die das reglementierte Athener Leben leid sind - zwischen Götter und Menschenwelt eine Luftstadt, Wolkenkuckucksheim genannt. Pisthetairos (Clemente Fernandez) und Evelpides (Jacqueline Fischer) stoßen mit ihrem Plan rasch auf Gegenliebe: Die Aussicht, Götter und Menschen künftig in Schach zu halten, läßt die Gefiederten begeistert zustimmen, was sie, von den versierten Tänzern des Theaters choreographisch glänzend umgesetzt, durch Freudentänze zu eigens komponierter Musik zum Ausdruck bringen. Unter Anleitung ihrer Menschen-Baumeister errichten sie eine starke Mauer gegen die anderen Reiche. Das Projekt spricht sich herum. Eine Einwandererwelle Erden-Überdrüssiger droht, aber Pisthetairos, inzwischen Vogel-Oberhaupt, weist allen die Tür: Man bedarf dieser Kreaturen nicht, die weder bereit sind, hart zu arbeiten, noch sich sozial zu engagieren, Was Pisthetairos noch fehlt, ist eine Königin. Dabei ausgerechnet auf Zeus’ blitzschleudernde Tochter Basileia zu verfallen, ist gewiß nicht seine beste Idee. Kleinlaut schleicht er hinter der Furie her. Flügellahm, den Verlust ihres Paradieses bitter beklagend, folgen ihm die verängstigten Gefiederten "intra muros". Zu spät ist allen klargeworden, daß dies der Preis für die unumschränkte Herrschaft in Wolkenkuckucksheim ist: Eingesperrt in Mauern, die sie nicht mehr überfliegen können. Die Adaption des uralten Stoffes mit seiner Kritik an den herrschenden Zuständen und am Umgang des Menschen mit Macht, wurde in eine Märchenkomödie von überzeitlicher Gültigkeit verpackt und bescherte den begeisterten Zuschauern einen amüsanten wie nachdenklich stimmenden Abend. Außer den virtuosen Tänzern und Schauspielern seien noch Caterina Di Fioras an Vielfalt kaum zu überbietende Kostüme, Natalia Cohens kunstvolle Tiermasken erwähnt sowie Kerstin Hörner als Chorführer und Götterbotin, Isabelle Rivoal (Baumläufe) und Kai Bettermann (Wiedehopf, Komponist, Politiker und Poseidon) und die ganze Vogelschar.

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Britta Steiner-Rinneberg
Badisches Tageblatt
 
 
Die Gier nach Macht wird zum Verhängnis
"Theater der Klänge" — hinter diesem Namen verbirgt sich mehr, als man zunächst vermuten mag. Nicht nur Musik, — nein — auch Schauspielkunst, farbenprächtige Kostüme und Masken runden die Darbietungen im Stadttheater Landsberg ab. Die aus Düsseldorf stammende — noch recht junge — Truppe stellte bereits zum zweiten Mal ihr Können in der Lechstadt unter Beweis, Nach Ludus Danielis im vergangenen Jahr, inszenierte Jörg U. Lensing heuer die über 2400 Jahre alte griechische Komödie "Die Vögel" von Aristophanes neu. Evelpides und Phistetairos, zwei Aussteiger aus Athen, machen sich auf die Suche nach einer Stadt, in der sie es sich gut gehen lassen können. Komödiantisch, hintersinnig treten die beiden in Erscheinung. Vor, der bewußt zurückhaltend gewählten Kulisse einer Steinwüste wirken schon die Kostüme der beiden doch recht einfach gekleideten Athener. Gespannt warten nicht nur die beiden Aussteiger, was — und ob irgendetwas in dieser Einöde zu entdecken sei. Ein Baumläufer, auf den ersten Blick erinnert sein Kostüm an das eines Wiedehopfs, betritt.die Szene. Ängstlich, wie, das einem Vogel zu eigen ist, nähert er sich den menschlichen Wesen, die zugleich versuchen ihn einzufangen. Schnell erkennen Pisthetairos und Evelpides, daß mit Gewalt hier nichts zu erreichen ist. Angelockt vom Gesang Evelpides erscheint das possierliche Tier wieder auf der Bildfläche. Baumläufer ist der Diener des Vogelkönigs Tereus, der einer Sage zufolge von den Göttern vom Menschen zum Vogel gemacht wurde.
Sein Volk sind die Vögel, farbenprächtig, imposant in unglaublichen Aufruhr versetzt, erscheint eine Abordnung der Vögel vor den menschlichen Gestalten. Eine Phantasiesprache hat sich die Truppe zu eigen gemacht, umden Vögeln die Möglichkeit der Artikulation zu verleihen. Einzig Baumläufer — und der König — sind in der Lage, sich in der Sprache der Menschen zu verständigen. Truppführer und Sprachrohr der Vögel ist der Hahn, auch Perservogel genannt. Die paradiesische Welt der Vögel, die nach anderen Regeln funktioniert als die der Menschen ist es, die sich die beiden Athener zu eigen machen wollen. Mur, indem sie die Vögel davon überzeugen können, daß diese die Macht besitzen über die Menschen und gar über die Götter, werden sie akzeptiert. Der Bau einer neuen, großen Stadt im Reich der Lüfte entsteht, Die Architekten Evelpides und Pisthetairos triumphieren. Doch die den Menschen zu eigene Gier nach noch mehr Macht und Größe wird auch dem neuen Oberhaupt der Vögel, Pisthetairos zum Verhängnis.
Der Preis, den die Vögel für ihren diktatorischen Herrscher zahlen müssen - die Aufgabe ihrer paradiesischen Welt — erscheint ihnen bald als zu hoch, Auch die Götter sind erzürnt über so viel Anmaßung. Eindrucksvoll, das Zusammenspiel von Schauspiel und Musik. Phantastisch, das Farbenspiel der Kostüme, atemberaubend der rasante Wechsel, dem sich die Schauspieler aufgrund der Mehrfachbesetzungen unterziehen müssen. Die Komödie "Die Vögel" bot dem Zuschauer heiter-besinnliches Theater, daß zwar zum Nachdenken anregte, aber sicher "niemandem "schwer im Magen" liegen wird.

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Frauke Nicolai
LT Kultur
 
 
Vögel an die Macht
Besucher der Uraufführung in Athen begeisterte, auch heute noch ein spritziges Ereignis machen kann. In der Börse führte ‚das' Ensemble "Die Vögel" von Aristophanes auf. Allein die herrlich bunten, aufwendig gearbeiteten Kostüme der Vögel waren ein Augenschmaus, und wenn sie tanzten, ihre Gefühle ausdrucksstark in Bewegung umsetzten, war dies ein mitreißendes Erlebnis. Zum Tanzen kamen die Gefiederten oft, denn zwei Menschen — Pisthetairos (der Überzeugende) und Evelpides (der Hoffnungsvolle)- waren zu ihnen vorgedrungen und sorgten für allerlei Aufregung, Verzweiflung und Angst, aber auch für Freude. Zunächst erschien nämlich – der Plan, den der machthungrige Pisthetairos (Clemente Fernandez) unterbreitete, recht verlockend: Ein Reich zwischen Himmel und Erde sollten sie gründen und die Macht über Menschen und Götter erlangen. Doch in Wahrheit ist Pisthetairos nur an seiner eigenen Macht gelegen. Kritik an den Zuständen im alten Athen übte Aristophanes mit seiner Komödie, und das "Theater der Klänge" peppte das Drama mit vielen modernen Anspielungen inhaltlich und sprachlich auf. Und pfeiterte es mit viel Humor. 50 wurde etwa mit reichlich Tamtam ein Wurm als Opfer dargebracht — bis er am Ende starb, weil sich jemand auf ihn setzte. Flöten- und Trommelmusik — live gespielt — machten das temperamentvolle Geschehen auf der Bühne noch packender.

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Ute Mansion
WZ
 
 
Farbenfrohes Tanz-Spektakel
Schon Aristopfanes hat sich in seiner Komödie "Die Vögel" über die Macht-Gier lustig gemacht und sie in ihrem Kern als dumm entlarvt. Ebensowenig wie die Athener die spöttischen Darlegungen
ihres Dramatikers ernst nahmen, wird sich heute durch einen Kunst-Abend etwas an Macht wünschen und dem alltäglichen Machtmißbrauch ändern, Also auch dann nicht, wenn das Theater der Klänge "Die Vögel" aufführt, dessen Premiere jetzt im JuTA zu erleben war. Daß die junge Theatermannschaft selbst keine Konsequenzen erwartet, scheint die Voraussetzung der Inszenierung von Jörg Lensing zu sein. Er hat Aristophanes' Stück in ein Tanztheater umgeformt, das nicht mehr provoziert. Die Dialoge sind auch in ihren Modernisie und mit manchem Hinweis auf aktuelles Geschehen harmlos. Die Aneinanderreihung von Kalauern ist eher langweilig, und so manche Pointe wird arg strapaziert. Ein zeitloses politisches Märchen sollen "Die Vögel — eine komische und phantastische Geschichte nach Aristophanes" — sein. Doch bleibt die politische Botschaft in den getanzten Stampf-Rhythmen der von Trommeln dominierten Begleitmusik und den farbenfrohen Kostümen (Caterina Di Fiore) stecken. Es ist eine Aufführung, die vor allem den Augen und Ohren des Publikums einiges bietet. Die Masken der Schauspieler sind witzig, zuweilen grotesk überzogen. Der Künstler Kinesias fällt auf, der ungemein häßlich und mit vielen Kissen zu einem Fettsack ausstaffiert ist. Prometheus hat mit seinen zerrissenen Eingeweiden zu kämpfen. Und Basilea, die Tochter von Zeus, in ihrer Maske auch nicht gerade eine Schönheit,
entpuppt sich am Ende gar als Domina mit Peitsche. Die Geschichte von Aristophanes bildet das Gerüst für die Aufführung. Die Athener Pisthetairos (Jaqueline Fischer) suchen das Paradies auf Erden und tun sich mit den Vögeln zusammen, um die Macht der Menschen und Götter zu brechen. Zu diesem Zweck wollen die Vögel eine eigene Stadt mit einer hohen Schutzmauer bauen: das Wolkenkuckucksheim, das den freien Weg von den Menschen zu den Göttern blockiert. Der- Plan nicht nur sondern Götter undMenschen wollen unbedingt Bürger der neuen Stadt werdeng! Anfangs allerdings gibt es ein Problem: Die beiden Athener und die Vögel verstehen einander nicht. Die gefiederten Freunde reden in eine aufwendig getanzten Körpersprache die an Riten in alten Indianerfilmer erinnert, Diese Tanzeinlagen (heraus=ragend: Kerstin Hörner) sind sehenswert, doch nutzen sich die Wiederholungen, welche die Aufführung auf drei Stunden ausdehnt, schnell ab. Es ist vor allem ein farbenfrohes Spektakel, das das Theater der Klänge mit viel Engagement auf die Bühne bringt. Zwar sprang der Funke zum Premierenpublikum nicht über, so begeistert die Akteure auch tanzten und spielten, doch gab es am Ende herzlichen Beifall. Vielleicht hatte sich mancher Zuschauer die Warnung) an die Kritiker zu Herzen genommen. Wer schlecht über die Aufführung schreibt ,solle sich mit breiten Hüten versorgen, um von den Vögeln nicht bekleckert zu werden.

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SABINE SCHMIDT
Rheinische Post
 
 
Regenwurm auf dem Richtblock
Fast zweieinhalb Jahrtausende sind "Die Vögel" des Aristophanes alt. Daß die Komödie auch heute noch eine treffliche Volksbelustigung hergeben kann, davon überzeugte das Düsseldorfer "Theater der Klänge" in der Ruine des Englischen Baus das Publikum der Heidelberger Schlofßfestspiele ohne viel Federlesens. Groteske Masken, üppig-bunte Kostüme, Musik, Tanz und unbändige Spielfreude zeigten, was Theater sein kann. Pisthetairos und sein tölpelhafter Freund Evelpides haben die Nase voll vom überbevölkerten Athen. Sie machen sich auf in das Reich zwischen Himmel und Erde, das Reich zwischen dem Sitz der Menschen und dem der Götter: das der Vögel. Ein-paar granitmusterne Stoffbahnen reichen in dieser Freiluftinszenierung aus, um den Ort zu kennzeichnen, eine karge Ausstattung im Vergleich zu den farbenprächtigen Kostümen, die die Zuschauer nun erwarten.
Aristophanes' Chor der Vögel wird von barfüßigen Tänzern dargestellt, deren Gewandung — Federhauben, Halbmasken, Umhänge, Pluderhosen — sich ebenso international darstellt, wie die Truppe selbst. Altägyptische, asiatische, griechische, orientalische, afrikanische und indianische Einflüsse sind dabei zu verzeichnen, ein Teil davon ebenso in der packenden Choreographie, die sich um das Grundelement des Aufstampfens mit der flachen Fußsohle herum gruppiert. Auch die stark perkussive Musik ist multikulturell, die drei Klangkünstler bedienen Psalter, Hackbrett, Bouzouki und anderes bis hin zum Didjeridoo.
Pisthetairos gelingt es, die Furcht der aggressiven Vögel vor ihm und seinem Gefährten zu zerstreuen und ihnen weiszumachen,sie seien die wahren Herrscher der Erde, älter als die Götter und mächtiger, Das sprichwörtliche Wolkenkuckucksheim wird in Windeseile erbaut, und nicht nur die Menschen sind bereit, die neuen Götter anzunehmen, auch die alten Götter müssen sich endlich fügen.
Der Text des Aristohphanes strotzt von mythologischen, literarischen und politischen Anspielungen, die für den heutigen Theatergast kaum noch nachvollziehbar sind. Der Regisseur Jörg U. Lensing und der Darsteller des Pisthetairos, Clemente Fernandez, haben das Stück, soweit möglich, davon befreit, und ganze Passagen (mit meist ziemlich grobkörnigem Humor) hinzuerfunden. Platz bleibt auch für Extempores der Schauspieler, die Kanzlerworte zitieren oder die drohenden Regenschauer kommentieren.
Wer geglaubt hatte, Masken würden das Ausdrucksvermögen der Schauspieler beschränken, mußte hier seine Meinung revidieren. Selbst wenn die manchmal karnevalesken Larven nur noch den Unterkiefer freiließen, vermochten Mundbewegungen, Körpersprache und Stimme im Spiel mit der oder gegen die Maske Erschrecken und Heiterkeit zu erregen, denen man sich unmöglich entziehen konnte.
Clemente Fernandez spielte den "Ungeratenen Sohn", der in der Vogelstadt Ornithopolis ein fettes Lebens ohne Verpflichtungen sucht, und das Publikum bekam kaum noch Luft vor Lachen, wenn er als hyperaktiver Zappelphilipp in griechischer Nationaltracht seine Zunge schlenkern ließ, Ressentiments bediente ganz wunderbar Kai Bettermanns Kinesias, der, eine plumpe Parodie des Avantgardisten Artaudscher Prägung, mit gewaltiger Wampe und völlig verwachsenem Gebiß über die Metaphysik der Kunst räsonierte.
Neben den Tanzeinlagen waren es vor allem Kurzauftritte dieser Art, die die Schaulust des Publikums so glänzend befriedigten, wobei die immer neuen, immer phantastischer werdenden Masken nebenbei auch dafür sorgten, daß all die verschiedenen Partien von immer denselben Darstellern ausgefüllt werden konnten. Sogar die Tänzer standen in Mimik und Gestik kaum hinter den Schauspielen zurück, allen voran der possierliche Baumläufer (Isabelle Rivoal], der zwischen den Menschen und den in einer Phantasiesprache redenden Vögeln dolmetschte, und der gravitätisch-komische Hoheptiester (Christophe Thebault], der ein ums andere Mal vergebens sich bemühte, die feierliche Opferung eines alten Regenwurms zu vollziehen.
Ein Unglücksrabe, wer diesen Abend versäumt hat.

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Carsten Müller
Rhein Neckar Zeitung
 
 
Ein Wolken-Kuckucksheim im Stadttheater
Mit aufwendigen Kostümen, eigenen Kompositionen und Aristophanes Stück "Die Vögel" kamen das "Theater der Klänge" aus Düsseldorf vergangene Woche nach Landsberg. Die beiden Vorstellungen versprachen ein fulminantes Feuerwerk aus Musik, Maskenspiel, Tanz und Sprache, konnten jedoch die Spannung nicht immer aufrecht halten. Frei nach Aristophanes Komödie "Dia Vögel", die durch ihrer Fantasiewelt, nicht zeitgebunden erscheint, politische Tendenzen mit dem Streben nach Macht dennoch einbezieht, inszenierte Regisseur "Jörg Lensing ein Spektakel um zwei Aussteiger und deren menschlicher Sehnsucht nach einem "Wolkenkuckucksheim", . Pisthetairos (Clemente Fernandez, urban und wortgewandt wie Eveldpides (Jacqueline Fischer mit wunderbar "ausländischem" Akzent, verschossener Grammatik und schlichtem Gemüt) hatten sich aus ihrem "demokratisch organisierten Athen" aufgemacht, um einen Platz zu suchen, wo sie sich's so richtig gut gehen lassen können. Gerade recht kommen ihnen die Vögel, die in ihrer Einfalt leicht zu beeinflussen sind. Nach längeren Ausführungen werden sie als Führer des Vogelvolks anerkannt, um gemeinsam die Stadt "Ornithopolis" zu errichten, Zur Kommunikation der Vogelwesen bedient sich die Inszenierung des "Theater der Klänge" rein er Gestensprache mit Lautmalerei, unterstützt mit Tanzschritten und Figuren, die an den klassischen indischen Tanz angelehnt sind. Werden die Diskussionen lauter, zelebrieren die Vögel einen aggressiv gesteigerten Ritualtanz, der hier ins Indianische wechselt. Gleichzeitig streicht die Instrumentierung durch "Percussion und Flöten nicht nur eine Unter- und Ausmalung der einzelnen Charaktere, vielmehr forciert sie kontrapunktierend die Spannung. Aber gerade die Steigerung gelingt hierbei nicht Immer gradlinig oder zeichensetzend. Instrumentierung (Komposition Jörg Lensing, Thomas Neuhaus), Phonetik und Übersetzung durch den Baumläufer (Isabel Rivoal) verlaufen zeitgleich und überreizen teilweise derart, dass die Spannung kippt.
Im Gegensatz dazu überzeugt die Mehrfachbesetzung der Charaktere und deren Genauigkeit. In Anlehnung an einzelne Personen, die bei Aristophanes auftauchen, erscheinen hier Schreiberin, Architekt, Komponist, ungeratener Sohn und Künstler. Das switch over – manchmal in sekundenschnelle wie etwa von Clemente Fernandez – gelingt akkurat. Sicher dürfte die Intensität der Schauspieler darauf zurückzuführen sein, daß das "Theater der Klänge", weiches nächstes Jahr sein 10jährıges feiert, seine Produktionen selbst bestimmt und gestaltet. Das Ensemble setzt sich größtenteils aus Absolventen der Folkwang-Schule zusammen, die aktiv auch vor der Aufführung mitarbeiten, sei dies beim Bühnenaufbau, in der Maske oder in der Kostümierung. Prächtig und einfallsreich präsentierten sich gerade die Kostüme, die mit der außergewöhnlichen Choreographie für ein Feuerwerk an Farben sorgten.

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fis
Landsberger Kreisbote
 
 
Die Gier nach Macht wird zum Verhängnis
"Theater der Klänge" — hinter diesem Namen verbirgt sich mehr, als man zunächst vermuten mag. Nicht nur Musik, — nein — auch Schauspielkunst, farbenprächtige Kostüme und Masken runden die Darbietungen im ‚Stadttheater Landsberg ab. Die aus Düsseldorf stammende — noch recht junge – Truppe stellte bereits zum zweiten Mal ihr Können in der Lechstadt unter Beweis. Nach Ludus Danielis im vergangenen Jahr, inszenierte Jörg U. Lensing heuer die über 2400 Jahre alte griechische Komödie.,Die Vögel" von Aristophanes neu.
Evelpides und Phistetairos, zwei Aussteiger aus Athen, machen sich auf die Suche nach einer Stadt, in der sie es sich gut gehen lassen können. Komödiantisch, hintersinnig treten die beiden in Erscheinung. Vor der bewußt zurückhaltend gewählten Kulisse einer Steinwüste wirken schon die Kostüme der beiden doch recht einfach gekleideten Athener, Gespannt warten nicht nur die beiden Aussteiger, was- und ob irgendetwas in dieser Einöde zu entdecken sei.
Ein Baumläufer, auf den ersten Blick erinnert sein Kostüm an das eines Wiedehopfs, betritt die Szene, Ängstlich, wie das einem Vogel zu eigen ist, nähert er sich den menschlichen Wesen, die zugleich versuchen ihn einzufangen. Schnell erkennen Pisthetairos und Evelpides, daß mit Gewalt hier nichts zu erreichen ist. Angelockt vom Gesang Evelpides erscheint das possierliche Tier wieder auf der Bildfläche. Baumläufer ist der Diener des Vogelkönigs Tereus, der einer Sage zufolge von den Göttern vom Menschen zum Vogel gemacht wurde. Sein Volk sind die Vögel, farbenprächtig, imposant in unglaublichen Aufruhr versetzt, erscheint eine Abordnung der Vögel vor den menschlichen Gestalten. Eine Phantasiesprache hat sich die Truppe zu eigen gemacht, um den Vögeln die Möglichkeit der Artikulation zu verleihen. Einzig Baumläufer — und der König — sind in der Lage, sich in der Sprache der Menschen zu verständigen. Truppführer und Sprachrohr der Vögel ist der Hahn, auch Perservogel genannt.
Die paradiesische Welt der Vögel, die nach anderen Regeln funktioniert als die der Menschen ist es, die sich die beiden Athener zu eigen machen wollen. Nur, indem sie die Vögel davon überzeugen können, daß diese die Macht besitzen über die Menschen und gar über die Götter, werden sie akzeptiert. Der Bau einer neuen, großen Stadt im Reich der Lüfte entsteht. Die Architekten Evelpides und Pisthetairos triumphieren. Doch die den Menschen zu eigene Gier nach noch mehr Macht und Größe wird auch dem neuen Oberhaupt der Vögel, Pisthetairos zum Verhängnis. Der Preis, den die Vögel für ihren diktatorischen Herrscher zahlen müssen -die Aufgabe ihrer paradiesischen Welt — erscheint ihnen bald als zu hoch. Auch die Götter sind erzürnt über so viel Anmaßung.
Eindrucksvoll, das Zusammenspiel von Schauspiel und Musik. Phantastisch, das Farbenspiel der Kostüme, atemberaubend der rasante Wechsel, dem sich die Schauspieler aufgrund der Mehrfachbesetzungen unterziehen müssen. Die Komödie "Die Vögel" bot dem Zuschauer heiter-besinnliches Theater, daß zwar zum Nachdenken anregte, aber sicher niemandem "schwer im Magen" liegen wird.

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Frauke Nicolai
Landsberger Tageblatt
 
 
Glanzpunkt aus Düsseldorf
Ein Theaterstück, das nach 2400 Jahren immer noch unvermindert aktuell ist, Aristophanes, der große Spötter und Gesellschaftskritiker unter den alten Griechen, hat's geschafft: "Die Vögel", in Bearbeitung und Inszenierung des Düsseldorfer Theaters der Klänge, setzte den Heidelberger Schloßf(fest)spielen funkelnde Glanzlichter auf.
Die beiden Aussteiger Evelpides und Pisthetaires suchen neue Abenteuer außerhalb Athens, Das Reich der Vögel, zwischen Erde und Olymp, bietet ihnen alle Möglichkeiten. Die gutgläubigen gefiederten Einwohner lassen sich von den cleveren Kleinganoven manipulieren und schikanieren, bauen eine Stadt mit hohen Mauern, wollen sich mit ihrem neuen Menschen-König Götter und Erdenbevölkerung untertan machen. Habgier und Machtgelüste regieren die Welt. Das fröhlich unbeschwerte Leben in den Lüften ist für immer dahin...
In einer Bearbeitung und in der Regie von Jörg U. Lensing schenkte das Düsseldorfer Theater der Klänge dem Publikum im (diesmal windumtosten) Englischen Bau des Schlosses einen wunderschönen Abend voller Lachen, schillernder Klangfarben, Grazie und Poesie, Exotische Masken, fantasievolle, farbenfreudige, charakterisierende Kostüme, suggestive Musik, ausdrucksstarke Tänze und eine pantomimisch anmutende Körpersprache — hier wurde die Welt der Vögel märchenhafte Wirklichkeit. Die Zuschauer amüsierten sich prächtig und hätten, nach dem Schlußbeifall zu urteilen, am liebsten die ganze Vorstellung noch einmal von vorne erlebt.

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ch
Die Rheinpfalz
 
 
Vom Scheitern einer Utopie
Zwangsläufig fast scheitert der große Plan einer Herrschaft der Vögel über die Götter und die Menschen. Überredet von einem Menschen, der es wagte, in ihr Reich einzudringen und aus Lebensgefahr eine Fabelgeschichte erfand, willigen die Vögel zum Bau einer großen Mauer im Himmel ein: Wolkenkuckucksheim.. Einmal mehr ist der Mensch am Mißlingen seiner Hirngespinste schuldig und zieht die Natur mit in das Verderben, Die ewigen Götter siegen: Aristophanes schrieb mit den "Vögeln" ein konservatives Stück. Alles bleibt beim alten, alle müssen sich der einmal geschaffenen Ordnung fügen.
In einer farbenfrohen (Kostüme von Caterina di Fiore) und reich mit Komödie und Klamauk versehenen Aufführung des antiken Textes spielten und vor allem tanzten die Mitglieder des Düsseldorfer Theaters der Klänge und erwärmten so die vielen frierenden und dennoch begeisterten Zuschauer bei den Heidelberger Schloßfestspielen. Selbst zeitweise eintretender Regen hielt das Publikum aus.
Großen Anteil an diesem Theaterfest hatten die Darsteller der beiden aus Athen geflohenen Menschen, die im Vogelreich Aufnahme suchen. Clemente Fernandez spielte einen selbstbewußten, die Vögel mit rhetorischem Glanz überzeugenden Pisthetairos. Seine Rednergabe verkündet Dinge, an die er später selbst glaubt. Daraus entwickeln sich die späteren Schwierigkeiten: Der Mensch, der vor Menschen flieht, setzt sich zum König über die Vögel und scheitert an seiner Machtgier.
Den sympathischen, menschenklugen und warmherzigen Evelpides spielte Jacqueline Fischer, die mit ihrer verstellten Stimme dem gesunden Menschenverstand Nachdruck verlieh. Evelpides scheitert jedoch an den Wahnideen von Pisthetairos und muß deshalb den Freund verlassen. Das Symbol des alten Kampfes der Geschlechter wurde hier durch die Besetzung gleichsam durch die Hintertür verarbeitet.
Das Reich der Vögel: Hier leisteten unter Anführung von Kerstin Hörner die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles Großartiges. Überschäumende Lebensfreude, Trauer und wilde Kriegskämpfe waren in mythischer Wucht und Eindringlichkeit zu sehen. Die rhythmisch betonte Musik zu diesen Tänzen spielten Mathis Hagedorn (Flöten), Thomas Warning und Roland Weber (Percussions-Instrumente).
Überzeugend auch die Lösung des Problems der Vogelsprache. Eine Phantasiesprache wurde entwickelt, die auf überraschende Weise Eindeutigkeit vermittelte. Den Übersetzer dieser Sprache und gleichzeitig Vermittler zwischen der Natur- und der Menschenwelt spielte Isabelle Rivoal lebendig und eindringlich.
Das Theater der Klänge, geleitet von Jörg U. Lensing, dem Verantwortlichen für Bearbeitung und Inszenierung des Stückes, hinterließ auch in den vielen kleinen Rollen einen nachhaltigen Eindruck. Viel Beifall für einen Abend, der das Publikum unter der Hand mahnte, die Phantasie nicht allzuweit schweifen zu lassen.

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Thomas Schlage
Mannheimer Morgen
 
 
Wie Vögel durch die Lüfte fliegen
Ach, wenn die Menschen nur Vögelein wären! Sie brauchten nicht sähen sie brauchten nicht ernten, und über die Runden kämen sie trotzdem ganz gut. Ab und zu einen Regenwurm aus der Erde ziehen, ein Häufchen fallen lassen, ansonsten fröhlich durch die Lüfte flattern: wäre das ein Leben...! Werden sich auch die beiden Athener gedacht haben, als sie sich aus ihrer Heimatstätte der Hochkultur aufmachten, um bei den Vögeln ein besseres Dasein zu fristen. Denkste. Kaum kommen sie an, der listige Peithetairos: (Clemente Fernandez) und sein raffgieriger Kumpel Euelpides Jacqueline Fischer), sollen sie schon zu Tode gepickt werden; Immerhin stehen gewisse Vögel bis heute auf der menschlichen Speisekarten; Ehre Leben retten sie nur, indem sie den gefiederten Tieren ihren menschlichen Traum einer gottgleichen Existenz schmackhaft machen. So entsteht im Himmel eine Stadt, die so hohe und breite Mauern hat, daß selbst die Olympier Hunger leiden, weil der Bratenduft der Opfertiere nicht mehr von den Menschen zu ihnen hinaufströmen kann.
Ein reizender Stoff, diese "Vögel" des Aristophanes, die das "Theater der Klänge" aus Düsseldorf bei den Heidelberger Schloßfestspielen zeigte: phantastisch, märchenhaft und voller Spott. Wen der anging, wußte man zu den Autors Zeiten genau. Heute weiß man das nicht mehr so gut, weshalb Inszenierungen der Komödie Inder Gefahr stehen, ins pure Geflatter zu verfallen, sofern eine selbstbewußte, präzise und aufs Ganze angelegte Regie dem nicht Einhalt gebietet.
Und genau an einer solchen Um- und Weitsicht fehlte es auch. Die Aufführung hatte schöne Momente - etwa die persiflagehaften Auftritte des nihilistischen Künstlers Kinesias (Kai Bettermann) und des hybriden Architekten Meton (Clemente Fernandez), dem der Weltraum zum Verfügbaren Planungsraum wird - aber sie verzettelte sich, verlor sich in Wiederholungen, Harlekinaden und Maskenspielen, die sich zu einem Ganzen nicht recht zusammenfügen wollten. Die Kostümbildnerin Caterina Di Fiore schneiderte den Vogeldarstellern prächtige Kostüme und Federhüte, der Regisseur und Choreograph Jörg U. Lensing ließ sie als Gruppe zu rhythmischer Trommel- und Flötenbegleitung archaische Tanzriten vorführen. Das war mitunter farbenprächtig und eindrucksvoll, inhaltlich jedoch nicht stimulierender als, meinetwegen, eine Folkloregruppe im Robinsonclub.
Und wie ergeht es dem zivilisationsmüden Peithetairos, nachdem er sich listig zum Beherrscher von Wolkenkuckucksheim aufgeschwungen hat? Aus Angst vor dem Zorn des alten Zeus nimm er sich die Himmelskönigin zur Frau, die für jenen einst die Blitze schleuderte. Doch Basileia ähnelt mehr einem Soldaten als einem Weib. In ihr hat der Athener am Ende doch noch seinen Meister gefunden. Sie führt ihn in den Olymp wie vor ein Strafgericht. Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein.

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Serjousha Brodesser
Mannheimer Morgen
 
 
Imposantes Kostümfest
Geteilt nahm das Weseler Publikum die Aufführung des "Theaters der Klänge" im Bühnenhaus auf. Die einen klatschten schon zur Pause viel Beifall, andere verzichteten auf den zweiten Teil des Stückes. Gezeigt wurde eine Bearbeitung der Komödie "Die Vögel" von Aristophanes – der 2400 Jahre alte Stoff in einer mehr als eigenwilligen Inszenierung.
Erzählt wird die Geschichte von zwei politikverdrossenen Aussteigern, die Athen verlassen, um das Paradies zu finden, in dem sich in Ruhe und Frieden leben läßt. Der eine, Evelpides, mit verstellter Stimme gespielt von Jaqueline Fischer, ist gutmütig, gemütlich und direkt sympathisch. Der andere, Pisthetairos (Clemente Fernandez) ist der forschere, redegewandtere Typ.
Das Reich der Lüfte bedeutet für sie die Freiheit und den Frieden, den sie suchen und für Pisthetairos auch Macht. Er macht sich zum Herrscher über die Vogelwelt, läßt eine Stadt namens Ornitopolis oder Wolkenkuckucksheim errichten und umschließt den Luftraum mit einer Mauer. Immer weiter geht sein schließlich verhängnisvoller Größenwahn (er verliert den Freund und den Kampf), so das weder Menschen noch Götter ihn ignorieren können. Die Vögel sollen von den Menschen angebetet werden, nicht Zeus und seine göttliche Familie, Die Vögel haben die Macht. Sie bestimmen über Wohl oder Wehe, fressen das Ungeziefer oder das Saatgut.
Doch weniger die Menschen scheinen den Größenwahnsinnigen zu erzürnen, die Götter sind es, mit denen Pisthetairos einen "heiligen Krieg" beginnt. Am Ende steht die Kompromiß-Hochzeit mit einer Zeus- Tochter, die sich als häßliches Entlein entpuppt.
Das Stück hatte mit fast drei Stunden Dauer und wenig Handlung einige Längen und driftete manchmal zu sehr in den Klamauk ab. Dennoch bot das "Theater der Klänge" ein beeindruckendes Kostümfest. Der Chor der Vögel, eine Tanzformation, die zu den Percussion-und Flötenklängen flott übers Bühnenparkett flog, brachte mitreißende Darbietungen. Erstaunlich, wie die maskierten Darsteller durch Körpersprache und Stimmlage Gefühle übermitteln konnten.

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Thomas Reintjes
RP
 
 
Der Hoffnungsvolle ist immer der Depp
Mit anhaltendem Schlußbeifall wurde die Bearbeitung von Aristophanes’ Komödie "Die Vögel" im ‘ nicht vollbesetzten Bühnenhaus bedacht. Zu Recht, was die frischen Ansätze des Düsseldorfer "Theaters der Klänge" betrifft. Eine eigens geschriebene Bühnenmusik für Flöten und verschiedene alte und neue Schlaginstrumente illustrierte das Geschehen, im ersten Teil des Stücks gut charakterisierend. Bei fortschreitender Handlung schienen die Ideen nicht mehr so reichlich zu fließen. Ein teilweise überbordendes Spektakel war es allemal.
Aber was das Programm ankündigte, wurde nicht die ganzen drei Stunden lang auf dem anvisierten hohen Niveau durchgehalten. Das über 2000 Jahre alte Stück nimmt die Ungereimtheiten und Unverträglichen der Politik aufs Korn, just dieselben, die auch heute zu beobachten sind: Steuererhöhungen, Aufblasen der Verwaltung, unsinnige Planungen, Korruption, verdrehte Wertmaßstäbe. Auch die Situation der Bürger ist bekannt: Machtlosigkeit. Aus dem alten Athen, das die Demokratie erfand, wandern zwei Bürger aus. Es sind Pisthetairos, der Überzeugende, und Evelpides, der Hoffnungsvolle. Sie werden schließlich ins Reich der Vögel, die frei zwischen Himmel und Erde leben, aufgenommen.
Der Überzeugende, der eigentlich der Überredende ist, führt in dem bis ‚dahin relativ friedlich unter König Wiedehopf existierenden Völkchen die Politik ein, indem er hetzt, die Vögel könnten Macht ausüben. Der Hoffnungsvolle wird als Depp beizeiten an den Rand gedrängt. Ändern tut sich natürlich gar nichts. Die Götter, die angeblich geknebelt werden sollten, lassen ihre Macht spüren. Der Handlungsstrang war teils poetisch mit eigens erfundener Vogelsprache und beredter Pantomime geführt, teils mit parodistischen und satirischen Elementen - mit einem Riesenwurm als Opfertier, mit den zu Vertrauten wie Knechten gemachten Dienern zum Beispiel. Auch mit Klamauk. Der nahm leider zu. Was anfangs noch als Verwandlung griechischer Volkstänze auf die Bühne kam, wuchs sich allmählich zu wilden Vogel- Stampftänzen aus, mitreißend zwar, aber dröhnend und zeitraubend, ohne neue Figurenfindung. Daß Jacqueline Fischer in der Rolle des Hoffnungsvollen ihre Stimme zum Röhren verwandeln mußte, erschwerte lediglich das akustische Verstehen.
Überlautes Sprechen und Musizieren überdeckte so gute Pointen wie die, daß den höchsten Grad jeglicher Kunst erklimmt habe, wer das Nichts dem Publikum vorstellte. Wenn das, was unmißverständlich über die Bühnenrampe kommen soll, straffer aufgeleint wird, ist das Theater der Klänge eine rundum zu lobende Sache.

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Hanne Buschmann
RP
 
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