LUDUS DANIELIS

Ein mittelalterliches Mysterienspiel

ist der Titel einer Musiktheaterproduktion aus dem Jahr 1994/95, welche aufgrund eines Vorschlags des Komponisten Michael Popp zustande kam. Das Theater der Klänge erarbeitete die Inszenierung LUDUS DANIELIS zu der Musik des Ensembles ESTAMPIE, welche wiederum auf einem Originalskript aus dem Jahr 1230, geschrieben von Mönchen des Klosters Beauvais (F) zurückging, welche damals vermutlich jedes Jahr zum Neujahrsfest aufgeführt wurde.
Im Mittelalter fand die Wiedergeburt des Theaters in Europa in den Kirchen statt. Aus dem Wunsch heraus, biblische Themen bildhaft und bewegt darzustellen, wurden zu verschiedenen testamentarischen Mysterien Spiele komponiert, die den Bibeltext zunächst musikalisierten, um dann am gesungenen Text entlang die jeweilige Handlung nachzuspielen.
Das LUDUS DANIELIS nimmt unter den musikalischen Schöpfungen des Mittelalters eine ganz besondere Rolle ein. Es stellt in vielerlei Hinsicht das interessanteste Beispiel einer Musikgattung dar, die damals Bezeichnungen wie ordo, ludus, versus, historia oder miraculum führten. Es handelte sich dabei um nicht weniger als den ersten Versuch seit der Antike, Schauspiel und Musik zu verschmelzen - sozusagen die Erfindung der Oper in der mittelalterlichen Welt.
Das ganze Spektrum der einstimmigen Musik des Mittelalters findet Verwendung, gregorianische Melodien, volksliedartige Lieder, rhythmisch-tänzerische Instrumentalmusik, sowie schlichte Rezitative, die die Handlung weiterführen. ESTAMPIE, ein auf alte Musik spezialisiertes Musikerensemble aus München, hat in Anlehnung an die mittelalterliche musikalische Musikauffassung den Hauptrollen bestimmte Instrumente zugeordnet, die auch den Rhythmus für den Tanz liefern.
Im Unterschied zu der damals üblichen, sehr aufwendigen Aufführungspraxis hat sich das Theater der Klänge auf ein Kirchenraumspiel konzentriert, das den gesungenen Text in tänzerisch-schauspielerische Form übersetzt. Aufgrund der thematischen Nähe zum Orient (Babylonien, Persien ca. 600 v. Chr.) ließ sich das Theater der Klänge dabei von indischen Tanzdramaformen inspirieren.
Um den Stoff aber nicht nur bibeltreu und ernst zur Aufführung zu bringen, wurde die mittelalterliche Form der Spielleute in das LUDUS DANIELIS miteinbezogen. Diese Komödianten erscheinen zwischen jedem (Tanz- und Musik-) Akt, um auf ihre sehr weltliche Weise das Spiel zu kommentieren, zu parodieren, oder gar in Frage zu stellen.
Die Inszenierung des Theaters der Klänge in Zusammenarbeit mit dem Ensemble ESTAMPIE war zur Jahreswende 1994/95 ein großer Publikumserfolg in der Düsseldorfer Kreuzherrenkirche. Seitdem gastierte das Stück in neun Orten (meistens Kirchen) in 27 Aufführungen vor ca. 7000 Zuschauern mit großem Erfolg. Zusammen mit Produktion "Die Vögel" war "LUDUS DANIELIS" 1997 in die "Kulturhauptstadt Saloniki" eingeladen. Gleichzeitig bildete die erste Beschäftigung mit außereuropäischem Tanz die Grundlage für die Erarbeitung der Tänze in der Folgeproduktion "Die Vögel".
Die Zusammenarbeit mit ESTAMPIE setzte sich 2004 in der Produktion "Gregorius auf dem Stein" fort und mündete unlängst in den gleichnamigen Spielfilm, ebenfalls mit der Filmmusik von ESTAMPIE und Thomas Neuhaus.

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